Was ich bisher von einem deutschen Politiker zum Thema Computerspiele gehört habe, kommt in einem offenen Brief vom SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss an die Innenminister der Bundesländer. Der gesamte Brief mit dem Titel „Gamer sind keine Amokläufer – Vorschläge für praktische Problemlösungen statt populistischen Unfugs“ findet sich als PDF hier, ich zitiere nur mal einen Abschnitt:
Sofern es nicht nur darum geht, eine ganze Generation von Jugendlichen zu diskreditieren sollte folgendes gewährleistet werden:
- die Verstärkung der Ermittlungsbemühungen der Staatsanwaltschaften der Länder im Bereich des § 131 StGB,
- die Sicherstellung der Einhaltung des Jugendschutzes durch den Handel
- ein stärkeres Engagement zur Verbesserung der Medienkompetenz bei Kindern, Geschwistern, Eltern oder Lehrern,
- stärkere und differenzierte Information der Öffentlichkeit über Chancen sowie Gefahren von Computerspielen,
- die Stärkung der aufsuchenden Sozialarbeit / Schulpsychologen, die in vielen Ländern massiv abgebaut wurde
- Einwirken auf die Wirtschaft für besseren Jugendschutz durch Technik (Sicherheitsvorkehrungen z.B. bei PC-Software oder Spielekonsolen).
Der Versuch, deine Brüder zu einem seehr begrenzten Umgang mit DIESEN Spielen zu bewegen, gestaltete sich bekanntermaßen äußerst schwierig. Wenn der Zugang für junge Spieler deutlich erschwert ist, müsste die Verbreitung auch über unerlaubte Wege viel schwieriger sein und die Kids hätten geringere Chancen an die Spiele zu kommen und die Eltern mit der Begrenzung der Spielzeiten nicht so einen Stress. Du weißt, wie erfindungsreich deine Brüder waren, die Spielzeiten gnadenlos zu umgehen. Außerdem: wenn nur ein Irrer davon abgehalten wird, anderen zu schaden, ist ein Verbot auf jeden Fall gerechtfertigt. Viel besser wäre es, die Spielemacher würden Games entwickeln, die bei friedlichen Aktivitäten genauso spannend sind und Teamarbeit erfordern. Gewalt ist in unserem Zeitalter out, Terroristen werden auch nicht geduldet, warum dann spielerisch andere abknallen.Außerdem, wie würdest du die Sache beurteilen, wenn deine Freundin bei so einem Amoklauf getötet würde? Man wird nie genau wissen, warum eine Amoktat begangen wurde, aber es muss mit der größtmöglichen Sicherheit verhindert werden, dass sich jemand durch solche Spiele animiert fühlt. Außerdem besteht bei solchen Spielen immer ein gewisses Suchtpotential, auch wenn das von vielen bestritten wird. Es wäre besser, die Kinder würden rechtzeitig lernen, sich anderweitig zu beschäftigen. Aber je mehr Spiele auf dem Markt sind, die dann zuerst bei Freunden und später dann auch zu Hause gespielt werden, um so schwieriger wird es, die Kinder auf andere Dinge um zu polen.Noch was:viele junge Eltern sind ja auch schon spielbegeistert.( besessen), was sollen die denn ihren Kindern anderes Sinnvolles vermitteln? Schlechte Zeiten für die nächste Generation!
Ja, genau darum geht es ihm ja: Bereits bestehende Jugendschutzvorschriften effektiv durchzusetzen, und nicht, wie die Union es fordert, alles sofort für ALLE (also auch Erwachsene) zu verbieten.
Und was ist denn das für ein Vorschlag? Der Staat soll Dinge komplett verbieten und für illegal erklären, weil die Eltern nicht in der Lage sind, es ihre eigenen Kindern davon fernzuhalten? Dann wäre aber ein Komplettverbot von Alkohol, Zigaretten und dem halben deutschen Fernsehprogramm (von Tatort bis Vera am Mittag) wesentlich wichtiger! Ganz abgesehen davon, dass sich Amokläufe effektiver verhindern ließen, wenn man jeglichen privaten Waffenbesitz verbieten würde und ein offeneres und weniger „aussortierenderes“ Schulsystem einführen würde. Aus mir unbekannten Gründen sperrt sich v.a. die CSU aber gegen beides. Zumindest im sogenannten bürgerlich Lager scheint also „Gewalt“ noch mächtig „in“ zu sein – oder wofür brauchen die die Schützenvereine?
Was die nächste Generation angeht: Das war doch schon immer so! Im 18. Jahrhundert fürchtete man einen Verfall der Sitten durch übermäßiges und zügelloses Lesen (v.a. bei Frauen), vor 50 Jahren rauften sich Eltern die Haare, weil ihre Kinder durch die Beatles, die Rolling Stones und Elvis „the pelvis“ Presley und deren „Negermusik“ verdorben würde. Heute sind es die Computerspiele und Hip-Hop, und morgen dann irgendetwas anderes. Und ist irgendeine Generation völlig verkorkst? Ich glaube nicht…
Es wäre daher wohl mal angebracht, wenn sich die derzeit „herrschende“ Generation intensiv, ernsthaft und ehrlich mit den Dingen auseinandersetzt, die sie der ‚Jugend‘ (die ja mittlerweile bis zu 35 Jahre alt ist) als Laster vorwirft. Stattdessen werden Veranstaltungen, bei denen Eltern, Lehrer und Politiker einmal selbst Computerspiele im großen Rahmen spielen sollten mit dem Hinweis auf den Amoklauf in Winnenden untersagt.
[…] vermutlich niemand die Kommentare zu einem alten Blogeintrag zum Thema Verbot von “Killerspielen” liest, poste ich sie hier mal auszugsweise: Wenn […]