Es geht in den April und nach einer Woche damit auch in die Osterferien. In diesen korrigiere ich – bis auf einzelne Ausnahmen – jeden Tag irgendwelche Arbeitsaufträge aus der Woche vorher und erstelle neue Wochenpläne. Daneben bleibt aber immerhin auch etwas Zeit für private Projekte, wie das Abschleifen und Streichen von ein paar alten Stühlen und dem Bau eines Sandkastens.
Was ich merke: Meine Stimmung geht in dieser Zeit ständig bergab. Zum einen ist die ganze Situation, in der sich das Leben in Deutschland völlig dem Virus und der gefühlt überall drohenden Infektionsgefahr unterordnet belastend, zum anderen geht die oft beschworene Work-Life-Balance völlig den Bach runter, wenn man nur zwischen Haushalt, Kindern und Arbeit rotiert und kaum Ausgleichsmöglichkeiten hat. Das zeigt sich nicht nur seelisch, indem ich zunehmend dünnhäutiger und unausgeglichener werde, sondern auch körperlich. Es zwickt und kneift überall und ich fühle mich generell nicht wirklich fit. Mit vereinzeltem Sport steuere ich zwar (teilweise erfolgreich) gegen, aber so richtig großartig wird die Stimmung nicht.
Nach den Osterferien startet dann als erstes wieder der Unterricht für die Abiturienten – da ich in diesem Schuljahr keine 12. Klasse unterrichte, bleibt für mich zunächst alles beim Alten: Wöchentlich Pläne rumschicken, jede Menge Rückläufer korrigieren und regelmäßig Videochats mit meinen Klassen führen. Mittlerweile sind Lernvideos als zusätzliches Unterrichtsmedium dazugekommen. Das heißt, ich nehme mich (per Webcam) und/oder meinen Bildschirminhalt auf, um den SchülerInnen z.B. einen bestimmten Teil der Grammatik zu erklären. Das ist (hoffentlich) besser zu verstehen, als sich die Sachen einfach nur im Buch durchzulesen und es vermittelt ihnen (ebenso hoffentlich) das Gefühl, dass noch ein gewisser Draht zu mir als Lehrer da ist. Auch Vokabeln spreche ich z.T. listenweise in den Computer ein, damit die englische Aussprache einigermaßen bekannt ist. Das Feedback der Schüler und der Eltern (sofern man denn was hört) dazu ist im Großen und Ganzen positiv. Nur ganz einzelne lassen anscheinend ihrem Frust freien Lauf. Das gehört wohl zum Geschäft, zieht aber natürlich trotzdem irgendwie runter.
Und dann geht es auch schon in den…
Mai 2020
Anfang Mai kommen dann auch die übrigen Oberstufenkurse aus der 11. Klasse zurück an die Schule, wenngleich nur in halber Kursstärke. Der Rest bekommt weiter Aufgaben für daheim und es wird im Wochentakt gewechselt. Das bedeutet irgendwie erhöhten (wenngleich nicht doppelten) Aufwand: Man muss sowohl den Präsenzunterricht in der Schule als auch die Materialien für das „Lernen daheim“, wie es mittlerweile offiziell heißt, vorbereiten. Letztere müssen dann am Ende der Woche natürlich auch korrigiert werden – wobei ich zunehmend auf die Selbstkorrektur der Schüler mithilfe von Musterlösungen setze, da das Arbeitspensum sonst nicht mehr zu stemmen ist. Und in der Woche drauf ist es dann umgekehrt.
Da sich der Unterricht in der Schule und das Lernen daheim in meinen Augen fundamental unterscheiden, versuche ich gar nicht erst, mit beiden Gruppen parallel dasselbe zu machen. Mit den SchülerInnen in der Schule wird Neues durchgenommen und die Kinder daheim erhalten eher projektmäßige Aufgaben oder Übungsmaterial, welches nicht direkt auf dem Schulstoff der jeweiligen Woche aufbaut. So kann ich in der jeweils zweiten Woche die Materialien / die Planung einfach für die andere Gruppe hernehmen und muss nur alle zwei Wochen neue Pläne erstellen.
Das Abitur läuft dann zwar ungewohnt (zwecks Infektionsschutz werden die AbiturientInnen auf unzählige Räume aufgeteilt, was dann natürlich entsprechend viele Aufsichten verlangt), aber durchaus erfolgreich. Auch die Kolloquien (mdl. Abiturprüfungen) gehen alle problemlos über die Bühne und am Ende des Jahres hat dieser Jahrgang das beste Abitur seit Bestehen der Schule geschrieben.
Mitte Mai kommen auch die „Kleinen“, also meine 5. Klasse, zurück an die Schule. Auch wieder im wöchentlichen Wechselmodell, sodass ich hier das gleiche Prozedere wie bei der Oberstufe anwende. Videokonferenzen für die daheim Lernenden fallen aus Zeitgründen aus und es wird zunehmend schwierig, zwischen dem in der Schule stattfindenden Unterricht noch Zeitfenster für Videochats mit den Klassen zu finden, die vollständig im „Homeschooling“ sind. Problematisch ist auch, dass die technische Ausstattung und die Internetanbindung der Schule absolut unterirdisch sind (eine 50 MBit-Leitung für 1400 Schüler und 100 Lehrer, kaum Rechner, sowieso keine mit Webcams), sodass auch ein Chat „zwischendurch“ aus der Schule raus nicht möglich ist.
Zwischendurch kämpft man dann mit immer wieder mal ausfallenden Servern für die Videokonferenzen und ähnlichen technischen Widrigkeiten, aber irgendwie schaffen wir alle es bis zum Ende des Monats und damit zu den Pfingstferien.