Copyright

Tod der (Literatur-) Wissenschaft?

Oder: Urheberrechte ad absurdum

Nach einer Meldung des heise-Newstickers:

In einem Gerichtsverfahren, bei dem es um die Verwendung von Zitaten in wissenschaftlichen Arbeiten ging, konnten das
Fair Use Project der Stanford Universität und der Rechtsprofessor Lawrence Lessig
einen wichtigen Erfolg verbuchen: Es ging dabei um das Recht von
Wissenschaftlern, aus Copyright-geschütztem Material – im Rahmen der
exakt für solche Fälle im US-Recht vorgesehenen Fair-Use-Bestimmungen –
zu zitieren, dass der Wissenschaflerin nun zugesprochen wurde.

Der Nachlass-Verwalter und Enkel des irischen Schriftstellers James
Joyce hatte die Literaturprofessorin Carol Shloss wegen der Nutzung von
Zitaten verklagt, die die Wissenschaftlerin in einem Buch über die
Tochter des Schriftstellers und auf einer Website verwendet hatte.

Ich musste es ernsthaft zweimal lesen: Wollen die Rechteinhaber tatsächlich erreichen, dass man für Zitate in einer wissenschaftlichen Arbeit Lizenzgebühren abführen muss? Es scheint wohl so. Wenn es dazu käme, würde dies wohl ziemlich sicher den baldigen Tod von Literatur-, Film- und anderen Medienwissenschaften zur Folge haben – oder deren Tätigkeit auf den Zeitraum der letzten Jahrhunderte beschränken. Überdies dürfte dann auch dem Feuilleton eine teure Zeit bevorstehen…
Eine solche Einstellung führt das Urheberrecht doch völlig ad absurdum! Schließlich soll dieses das geistige Eigentum von Autoren schützen, nicht aber „einkerkern“ und jedem Zugriff entziehen! Und, ganz nebenbei, die Erwähnung in wissenschaftlichen Arbeiten können ja auch, genauso wie Besprechungen eines Buches oder Filmes, vom Autor gewünscht sein, führen sie ja nicht selten zu einer Erhöhung der Verkaufszahlen. Oder sind in Zukunft nur noch wohlmeinende Besprechungen zu unentgeltlichen Zitaten berechtigt?