Lehrer

Das Ende einer langen Reise

Irgendwann, bevor diese Seite hier zu einem (fast) reinen Fotografie-Blog wurde, war dies mein privates Blog. Und irgendwann in dieser Zeit schrieb ich auch einmal über Prüfungen: Magister-Prüfung, erstes Staatsexamen, Abschlussarbeit. Darauf folgte, hier quasi unverwähnt, das Referendariat.

Zwei Jahre, die von sehr vielen Menschen als wahnsinnig harte und anstrengende Zeit voller Entbehrungen, Erniedrigungen und Enttäuschungen beschrieben werden. Bei mir war dies nicht so. Ich hatte zwei Jahre, die zwar streckenweise stressig und fordernd waren, die mir aber – menschlich wie „professionell“ – wahnsinnig viel gebracht haben. Ich habe meinen absoluten Traumberuf gefunden (der mir sogar mehr Spaß macht als die Fotografie), habe eine ganze Reihe fantastischer Menschen kennengelernt, die ich nie mehr missen möchte, ich habe von großartigen Vorbildern lernen dürfen und auch gesehen, wie man den Beruf nicht unbedingt ausüben sollte (und vor allem gelernt, warum das so ist), und ich habe unzählige Schüler kennengelernt, die ich zum großen Teil sicher nie wieder sehen werde, die ich aber gewiss nicht vergessen werde. Ich war auf zig Wandertagen, durfte mit 130 Achtklässlern nach England fahren und London im Regen ansehen, ich habe Schulaufgaben korrigiert und Protokolle geschrieben, mich durch Lehrproben geschwitzt und in mündlichen Prüfungen gesessen, mit tollen Kollegen gearbeitet, gezittert und gefeiert und besorgten Eltern Mut zugesprochen. Ich habe unsäglich zähe Konferenzen durchlitten und höchst unterhaltsame Fachsitzungen erlebt, habe in zwei Jahren an zwei Schulen drei Schulleiter und ebensoviele Stellvertreter mitbekommen, habe erfahren, wie man mit Menschen umgeht, ihnen Selbstvertrauen gibt und Wertschätzung vermittelt – und wie man all dies zerstören kann, kurzum: Mein Horizont hat sich in jeder nur erdenklichen Hinsicht erweitert, sowohl was Freude als auch was Leid angeht, was positive wie negative Erfahrungen betrifft (wobei die positiven bei WEITEM überwiegen) und ich habe  zum ersten – nein, zweiten – Mal im Leben das Gefüh gehabt, irgendwo richtig angekommen zu sein. Ich möchte diese zwei Jahre um kein Geld der Welt vermissen, sie waren bereichernd, belebend und über alle Maßen beeindruckend.

Und dann kam ein Freitag im Januar diesen Jahres, als ich – und mit mir mein ganzes Seminar – erfuhr, dass es für 19 von 21 Seminarteilnehmern keine (feste) Stelle geben wird. Und trotz aller vorher geäußerten Skepsis, allem Vorbereitet-sein und allen Beschwichtigungsversuchen gegenüber den Hoffnungen von Freunden und Verwandten, war die Enttäuschung riesengroß, und nicht nur ich hatte wohl das Gefühl, in ein großes, schwarzes Loch zu fallen.

Immerhin hat dann jeder von uns irgendetwas, in der Regel auf ein halbes Jahr befristetes, gefunden. Dass die Bezahlung deutlich schlechter als bei fest angestellten Beamten war und auch die Ferien zum Teil nicht mitbezahlt wurden, sei hier nur am Rande erwähnt. Bei mir war es eine Tätigkeit an meiner ehemaligen Einsatzschule, wo ich neben acht Stunden Unterricht jede Menge Vertretungsstunden halten durfte und einen „Auszeitraum“, also eine Abstellkammer für störende Schüler, betreut habe. Ein knappes halbes Jahr mit viel, sehr viel Zeit (um nicht zu sagen Langeweile) und der immer dräuenderen Ungewissheit, was denn nach dem Sommer sein würde.

Und dann, einen Tag vor meinem Geburtstag, die Erlösung: Ein Angebot für eine Planstelle (d.h. eine feste, unbefristete Stelle als Beamter, zunächst auf Probe, später dann hoffentlich auf Lebenszeit) an einer Münchner Schule. Und nicht nur irgendeiner Schule, sondern einer der neusten und modernsten Schulen Bayerns, mit neuartigem Raum- und Unterrichtskonzept und einer fantastischen technischen Ausstattung. Ich hätte nicht glücklicher sein können und bin es immer noch.

Und damit endet in meinen Augen erst die Reise, die vor über 10 Jahren mit dem Abitur begann: Eine Reise durch drei Studiengänge (von denen nur zwei beendet wurden, über die Juristerei breiten wir einmal den Mantel des Schweigens), in denen ich selbst lange nicht wusste, was ich denn eigentlich mal genau machen wollen würde, und deren Ziel erst ganz am Ende klar wurde, nämlich in den oben geschilderten letzten zwei Jahren. Und ich könnte nicht froher sein über den Ausgang dieser doch sehr langen und mitunter ungewissen Reise, in deren Verlauf sich so viel ereignet hat.

In diesem Sinne: Möge die nächste Reise mindestens so gut enden wie die letzte, und mögen die Erfahrungen, die ich in der Zukunft machen werde, genauso schön und bereichernd sein wie die der jüngeren Vergangenheit.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten

Gute und schlechte Zeiten können mitunter recht nah beieinander liegen. Gestern zum Beispiel habe ich mich erst gefreut, dass ich den Ventilator im Badezimmer ebenso wie die Lampe in der Abstellkammer reparieren konnte und daher keine(n) neue(n) kaufen musste, und abends ging dann meine Kamera kaputt.

Ich war gerade dabei ein paar Testbilder zu schießen und zu probieren, wie mein neuer Durchlicht- und Reflexschirm so das Zimmer ausleuchtet, da habe ich auf einmal einen fetten schwarzen Balken in den Fotos und die Kamera klickt und klackt nur noch ganz erbärmlich. Die Kamera ließ sich nichtmals mehr einschalten, sondern vermeldete nur noch „ERR 99“ (nicht zuzuordnender Fehler). Anhand der Bilder bin ich mir ziemlich sicher, dass sich eine Lamelle des Verschlusses gelöst hat und diesen jetzt blockiert. Habe die Kamera heute früh gleich zur GIMA Werkstatt gebracht (mit denen ich bisher sehr gute Erfahrungen gemacht habe) und hoffe nun, dass der Schaden auf Kulanz repariert wird; immerhin ist die Kamera keine eineinhalb Jahre alt. Sollte die Reparatur nicht auf Kulanz erfolgen kommt das einem wirtschaftlichen Totalschaden recht nahe, ich kann dann nämlich mit mindestens 250 Euro für den neuen Verschluss rechnen. Prost Mahlzeit…

Abgesehen davon sitze ich – jedenfalls theoretisch – momentan über meinen Psychologie Skripten und versuche mir diesen ganzen Kram für mein Staatsexamen im Februar in den Kopf zu pressen. Nicht die leichteste Übung, wenn einen der Mist nicht im geringsten interessiert und man das ganze Zeug (anders als bei normalen Klausuren) noch nie gehört hat. Aber wenn’s tausende vor mir geschafft haben, werde ich es wohl auch schaffen.
Ach ja, apropos schlechte Zeiten: Habe die Tage gehört und gelesen, dass ich wohl ohnehin keinen Job bekommen werde: Insbesondere im fach Deutsch sowie in den Fremdsprachen werden weniger Lehrer gesucht, als es Studenten/Referendare gibt. Genauer gesagt werden dieses Jahr bloß halb so viele Lehrer gebraucht, wie es Refendare gibt – oder andersrum: Jeder zweite steht auf der Straße. Besser wirds in Zukunft aber auch nicht, denn 2011 läuft das 9-Stufige Gymnasium aus und es werden dann – wegen weniger Klassen – noch weniger Lehrer gebraucht. Da tut man sich dieses furchtbare, dämliche und hirnrissige Lehramtsstudium wegen der besseren Jobaussichten an, und dann nützt es am Ende nichts… Wunderbar! Arbeitslos hätte ich mit meinem Magisterstudium auch (und viel schneller) werden können.

In diesem Sinne allen noch ein frohes Jahr 2010.